Jedes Jahr am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag. Das heißt, für Flüchtende ist immer Flüchtlingstag, aber am 20. Juni erinnern die Vereinten Nationen offiziell an die Tatsache, dass zur Zeit über 100 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Und das sind nur diejenigen, die irgendwo registriert sind… Unter ihnen viele Millionen Kinder und Jugendliche, die sich nicht selten ganz allein auf lange, gefahrvolle Reisen gemacht haben, machen mussten.

Keine eine Welt
Für diese 100 Millionen und mehr ist unsere eine Welt ein vielfach geteilter, zerschnittener und buchstäblich ausgrenzender Ort. Sie überwinden Meere, Wüsten, Wälder, mit Stacheldraht bewehrte Grenzen und gehässige, übelwollende Bürokratien. Oder sie überwinden sie eben auch nicht, sondern ertrinken, erfrieren, sterben an schierer Erschöpfung oder verkommen in irgendeiner Großstadt als obdachlose „Illegale“. Einen Einblick in die Wirklichkeit jugendlicher Flüchtender bietet zum Beispiel diese MDR-Doku.

Viele werden an den Grenzen und Küsten zurück geprügelt. Und vorher von Grenzern oft noch ihrer wenigen Habe beraubt. Andere landen in Gefängnissen und Lagern, in denen sie oft unter den unmenschlichsten Bedingungen für Jahre gefangen gehalten werden. Auch und gerade In Europa, dessen Vertreter:innen keinen Tag vergehen lassen, ohne die europäische Wertegemeinschaft zu lobpreisen.

Eingesperrt und ausgebeutet
In Litauen und Polen zum Beispiel sitzen die Flüchtenden in Knästen ein. In Griechenland und auf dem Balkan müssen sie ohne Perspektive in elenden Zeltlagern hungern, frieren, unter Kälte, Nässe oder in glühender Hitze auf ihren St.-Nimmerleinstag warten. Nennenswerte hygienische Verhältnisse gibt es keine, Krankheiten werden praktisch nicht behandelt.

Es versteht sich fast von selbst, dass derart recht- und machtlose Menschen oft Opfer verschiedenster Arten skrupelloser Ausbeutung werden. So werden beispielsweise Flüchtende, die von Libyen aus in Schlauchbooten die Fahrt übers Mittelmeer wagen (müssen), von der libyschen „Küstenwache“ gewaltsam zurück geholt, um sie auf irgendwelchen Sklavenmärkten zu verkaufen. In diesem Zusammenhang arbeitet Unumondo an der Finanzierung eines schnellen Bootes zur Rettung solcher Menschen. (Hier bekommt man einen Eindruck vom Engagement der Seenotretter)

Ultimative Herausforderungen
Aussicht auf Asyl, das ihnen in den meisten europäischen Ländern eigentlich zusteht, gibt es nur für Wenige. Dabei haben sie treffende Gründe, vor Krieg und Verfolgung zu fliehen. Auch die viel geschmähten „Wirtschaftsflüchtlinge“, die sich meist aus nackter Existenznot und völliger Perspektivlosigkeit auf den Weg machen, sind „echte“ Flüchtlinge. Ihre Armut und unser Lebensstandard hängen oft vielfältig zusammen, genauso wie die vielen „Konflikte“ mit verwüsteten Städten und unbewohnbar gemachten Regionen als Folge.

Überdies wird sich im Zuge des immer deutlicher zu Tage tretenden Klimawandels die globale Flüchtlingskrise zur katastrophischen Normalität ausweiten. Ganze Regionen werden durch anhaltende Extremhitze, jahrelange Trockenheit und immer wiederkehrende extreme Unwetter aller Voraussicht nach praktisch unbewohnbar werden. Es gibt da nichts mehr zu leugnen. Ohne grundlegenden Wandel in eigentlich allen zentralen Politikbereichen sieht die Zukunft eher unschön aus…

Es geht auch anders
Zum erforderlichen politischen Wandel gehört natürlich auch ein Wandel im öffentlichen Bewusstsein. Was die Flüchtlingsfrage angeht, zeigt der Umgang mit den ukrainischen Flüchtenden erfreulicherweise, dass es auch anders geht. Zwar werden auch ihnen irritierende Erfahrungen mit deutscher Bürokratie oft nicht erspart, aber insgesamt werden sie sowohl von staatlicher Seite als auch gesellschaftlich sehr viel solidarischer behandelt als „normale“ Flüchtende. Menschenwürde ist jedoch unteilbar und steht ausnahmslos allen Menschen zu, ganz gleich wo sie herkommen.